Filmreihe

26. April–30. Mai

DEIN KÖRPER. MEIN FILM.

KÖRPER IM KINO. SCHMERZ UND LUST - Der menschliche Körper ist ein Ort, der uns wie kein anderer vertraut sein sollte. Doch was wissen wir von ihm, von dieser mächtigen Maschine? 

Véréna Paravel und Lucien Castaing-Taylor öffnen ihn auf der Leinwand wie eine fantastische Landschaft, führen uns mit einem Endoskop in die Tiefen flottierender Organe oder mit einer eigens für die Anforderungen konstruierten lippenstiftgrossen Kamera in die Geriatrie. In DE HUMANI CORPORIS FABRICA verschwimmen das Dokumentarische und Malerische. „Wir wollen etwas von der Wirklichkeit wiedergeben, was Worte allein nicht können. L'œil c'est la force,“ erklärt Véréna Paravel.

Das Filmpodium Biel/Bienne widmet sich in der neuen Programmreihe dem Körper im Kino und präsentiert mit diesem und sieben weiteren aussergewöhnlichen Werken ein faszinierendes Spektrum körperlichen Erlebens. Am 12. Mai werden Adrien Bordone und Gauthier de Salis von den Bieler Philosophietagen DE HUMANI CORPORIS FABRICA auf dem Podium vorstellen und mit dem Publikum diskutieren. Ebenso werden weitere Filme aus diesem Programm in Kooperation mit den Bieler Philosophietagen von Expert_innen mit dem Publikum ins Gespräch gebracht und kontextualisiert.

Immer wieder nehmen die ausgewählten Filme die Perspektive der Haut ein, die Stelle, an der die Welt ihre prägenden Eindrücke hinterlässt: Wieviel Nähe entsteht bei einem Blickaustausch, bei einer Berührung mit einem anderen Menschen? (TOUCH ME NOT von Adina Pintilie.) Wie gross ist die Intimität bei einer Kameraaufnahme, wie hoch dabei die Ausbeutung? (PLEASURE von Ninja Thyberg.) Welche Spuren hinterlässt die Atmosphäre gesellschaftlicher Zurückweisungen und Vorstellungen, dieses unentwegte Sehen und Gesehen-Werden, das sich unvergesslich in uns einbrennt? (THE MAN WHO SOLD HIS SKIN von Kaouther Ben Hania.)

Es sind die anderen und die eigenen Erwartungen, die uns unentwegt an körperliche Grenzen führen. An die Grenzen von Muskelkraft und Eitelkeit, von Schmerz und Lust, von Identität und Sichtbarkeit. Wieviel Freiheit liegt im Tanz? (EN CORPS - DAS LEBEN EIN TANZ von Cédric Klapisch.) Welche Räume bleiben mir durch meine Hautfarbe verwehrt? (JE SUIS NOIRES von Rachel M’Bon und Juliana Fanjul.) Und was geschieht mit mir, wenn ich mich in meinem Körper nicht mehr zuhause fühle? (LA PIEL QUE HABITO von Pedro Almodóvar.) Die Filme könnten in ihren Herangehensweisen und Stimmungen unterschiedlicher nicht sein und machen Übersehenes und Nie-Gesehenes sichtbar. Wenn wir genau hinschauen und uns neu begreifen, können wir alte Muster hinter uns lassen und anderen neu begegnen - offener, neugieriger, freier.

Um ein Hinschauen und Neu-Begreifen geht es auch Nan Goldin unter anderem in ihren Bilder-Balladen der physischen Abhängigkeit. "Wenn ich jemanden kennenlerne und nicht sehe, dass er weiß, wie schön er ist, und dass er nicht auf eine bestimmte Weise in seinen Körper passt, muss ich ihm das zeigen,“ erklärt sie. Laura Poitras liefert in ALL THE BEAUTY AND THE BLOODSHED nicht nur ein intimes Porträt einer der bedeutendsten Fotokünstlerinnen des 20. Jahrhunderts, sondern bietet auch einen Einblick in Goldins aktivistische Interventionen im Namen der Opfer der Opioid-Epidemie. Der episch wuchtige Dokumentarfilm rundet die thematische Reihe ab und wird am 18. Mai im Rahmen der Bieler Fototage von deren Direktorin Sarah Girard und der Fotografiehistorikerin Maude Oswald im Filmpodium Biel/Bienne vorgestellt.

Ausserdem im Programm zwei beachtenswerte Premieren: Das wilde geheimnisvolle Kinoexperiment EO, einer der aufsehenerregendsten Überraschungsfilme des Jahres, in dem Regisseur Jerzy Skolimowski einem nicht-menschlichen Protagonisten in visuell magischen Bildern die Bühne überlässt.

Und die restaurierte Fassung von Alain Resnais‘ HIROSHIMA, MON AMOUR - eines der grossen Meisterwerke des Kinos - 1959 bei den Filmfestspeilen in Cannes uraufgeführt - das im Zuge einer Liebesgeschichte reales und imaginäres Erleben, Gegenwart und Vergangenheit als fotografiertes Bewusstsein gestaltet.

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